Zu den Anfängen der Ilmenauschifffahrt in Bardowick
Aus: Pagel, Wilkens - Beiträge zur Geschichte Bardowicks.

Das bedeutendste Gewerbe Bardowicks war die Schifffahrt. Sie ist bis in die Zeit vor der Zerstörung der Stadt Bardowick(1189) nachzuweisen. Dennoch gehörte sie nie zu den Haupterwerbszweigen in Bardowick, das waren vor der Zerstörung der Handel der Großkaufleute und danach der Gemüsebau einer bäuerlichen Bevölkerung mit seinem Absatz in Hamburg. Beide waren ohne Schiffahrt nicht denkbar.
Der Name Bardowick kann erst nach Einwanderung der Langobarden entstanden sein; zur Zeitenwende hatten sie sich im Gebiet der Unterelbe angesiedelt. Daß vor dieser Einwanderung auf Bardowicker Boden bereits eine Siedlung bestand, ist zwar nicht nachgewiesen, wird aber als wahrscheinlich bezeichnet. Wik bedeutete Kaufmannssiedlung oder Handelsplatz, Bardowick demnach wahrscheinlich Handelsplatz bei den Barden. Solche als “wik“ bezeichneten Handelsplätze sind an der Nordsee und ihren Zuflüssen in größerer Zahl nach der Mitte des ersten nachchristlichen Jahrtausends entstanden. Einer von diesen ist offensichtlich auch Bardowick, das nach jetzigem Wissensstand um etwa 600 entstanden sein mag und seinen Namen von den zureisenden fremden Kaufleuten erhalten haben dürfte. Da dieser Handelsplatz an der unteren Ilmenau mit Sicherheit nicht auf dem Landwege, sondern vom Wasser her erschlossen worden ist, war er von Beginn an mit der Schifffahrt verbunden, vermutlich in der Form, daß der Kaufmann zugleich auch Schiffseigner, oft wohl auch sein eigener Steuermann war.
Anhand von Bodenfunden läßt sich deutlich erkennen, daß der Fernkaufmann neben dem einheimischen bis zum Ende des Handelsplatzes immer eine bedeutende Rolle gespielt hat.
Handel war zudem in jener Zeit vorwiegend Tauschhandel; vermutlich wurde auch Lüneburger Salz mitgenommen. Da die Salzsiedestelle mit den üblichen seetüchtigen Handelsschiffen nicht zu erreichen war, ist anzunehmen, daß die Friesen mit ihren Schiffen die Ilmenau bis Bardowick herauf fuhren, und andere das Salz mit kleineren Kähnen von Lüneburg nach Bardowick transportierten. Man kann in Bezug auf das Salz Bardowick wohl für Jahrhunderte als den Hafen, vielleicht sogar als den Überseehafen von Lüneburg bezeichnen. Diese Funktion muß im Laufe der Zeit zu einer Hafenanlage größeren Ausmaßes geführt haben.
Die Ilmenauschleuse am südlichen Ende Bardowicks wurde erstmals 1386/88 erwähnt; 1434 ließ sie der Lüneburger Bürgermeister Hinrich Lange weiter ausbauen. Das bedeutet, daß die Ilmenau bis zur Flußregulierung nur bis Bardowick schiffbar war. Wann die erste Schleuse angelegt wurde, kann nicht bestimmt werden. Auch hat die Ilmenau ihren Flußlauf verändert. Die Mäandrierung des Flusses und die Vernässung der Niederung scheinen erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts eingesetzt zu haben. Ursache war der durch die Eindeichung der Elbe bewirkte Rückstau des Wassers. Der Wasserspiegel muß sich um ein bis zwei Meter erhöht haben.Zum Verkehr über die Ilmenau wird schon in der ersten Hälfte des
12. Jahrhunderts eine Brücke gedient haben. Direkt nachweisbar wurde sie erst 1288. Auf jeden Fall ist mit der Bezeichnung “ad Hudam“, die seit 1282 überliefert ist, der Verkehr über die Ilmenau belegt. Hude bedeutet im niederdeutschen Sprachgebrauch die Stelle, wo der Landverkehr in Wasserverkehr, vielleicht auch in Fährverkehr überging.
Ein weiterer Beleg ist die Fleckenseinteilung. Dieser fiel in drei Teile: St. Viti-Ende, Hudener Ende und Brücken-Ende. Diese drei Enden lassen sich noch 1794 nachweisen.
Die Ilmenauschifffahrt war mit dem Leben des Ortes eng verbunden. Eine eigenständige Schiffahrt in Bardowick ist in Zusammenhang mit dem Gemüsebau und dem Gemüseabsatz in Hamburg entstanden. Wann dieser begann und damit eine eigene Schiffahrt nötig machte, läßt sich nicht nachweisen; der Gemüsebau läßt sich erstmals 1445 belegen, ist aber mit Sicherheit wesentlich älter.


Veröffentlichung auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung des Flecken Bardowick.

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