MOLINA BARDOWICK

Windmühle Bardowick von 1813
De Moel von Bewick”

1945/46 POLENZEIT IN BARDOWICK

Als Folge  des 2. Weltkrieges  müssen die Bardowicker Bürger für zehn quälende Monate die Räumung ihrer Anwesen erdulden - ehemalige polnische Zwangsarbeiter, nun freie Menschen, werden eingewiesen und warten in  Bardowicks Stuben auf die Rückkehr in ihr Heimatland. Betroffen war auch das Mühlenanwesen von Georg Meyer. Seine Familie findet Unterschlupf in der Handorfer Mühle. In dieser Zeit bricht am 19. August 1945 in der Bardowicker Mühle Feuer aus, unklar ob vorsätzlich oder durch Leichtsinn, die polnischen Bewohner des Meyerschen Anwesens löschen entschlossen und tatkräftig den Brand und bewahren so die alte Windmaschine vor einem vernichtenden  Flammentod.

Als Georg Meyer 1947 aus britischer Gefangenschaft heimkehrt, findet er seine Mühle in einem desolaten Zustand vor. Die Fußböden sind aufgerissen, zwei Flügel waren zerstört, Zahnkranz und Kappe bedurften dringend einer Reparatur. Mit Tatkraft und Improvisationsgabe geht Georg Meyer ans Werk - und 1947 drehen sich die Flügel wieder im Wind. Eine umfassende Grunderneuerung kann jedoch nicht finanziert werden. Im Jahre 1952 wurden Flügelkreuz, Kappe, Windrose und die Königswelle ausgebaut, die Mühle erhält ein Spitzdach und die Mahlgänge werden auf elektrischen Strom umgerüstet. Von nun an war die alte Holländermühle eine flügellose Motormühle, aber in ihrem mächtigen Rumpf, dem Mühlenachtkant, lebte sie wie eh und je.

Von besonderer Anziehungskraft für Mühlenfachleute und interessierte Laien ist die neue Flügelkonzeption der Mühle. Um eine möglichst optimale Anpassung an wechselhafte Windverhältnisse für den Generatorbetrieb zu erreichen, wurde ein Flügelsystem gewählt, das auf die Erfindung eines deutschen Offiziers des 1. Weltkrieges, Major Bilau, zurückgeht. Diese sog. „Ventikantenflügel“ waren in ihrer konstruktiven  Form und Wirkungsweise einer Flugzeugtragfläche nachgebildet. Der holländische Mühlenbauer Ten Have verbesserte dieses Flügelsystem und gab seiner Konzeption den Namen „Ten-Have-Klappen“.- In Deutschland ist nur die Bardowicker Windmühle mit diesem Flügelsystem ausgestattet. 

Sie hat nicht die Berühmtheit der Mühle von Sanssouci und ihr fehlt das Flair eines adeligen Namens, wie er ihre westfälischen Schwestern, die Königsmühlen im Kreise Minden-Lübbecke ziert, doch wird auch der Lebensweg der Bardowicker Windmühle von bedeutenden historischen Ereignissen geprägt.

1812 / 13 - FRANZOSENZEIT IN BARDOWICK.

Als das nordöstliche Niedersachsen und damit auch Bardowick infolge napoleonischer Kontinentalpolitik direkt der französischen Regierungsgewalt in Paris unterstellt ist (1810 - 1814), schlägt die Geburtsstunde der Bardowicker Mühle.Johann Friedrich Meyer kann mit Hilfe des liberalen  französischen Gewerberechtes den jahrhundertelangen Widerstand Lüneburgs gegen den Bau einer Windmühle überwinden und errichtete am Westrand Bardowicks eine holländische Windmühle.- Als kurze Zeit später französische Soldaten nach dem verlorenen Gefecht in der Göhrde an der Mühle vorbei über den alten Bardowicker Heerweg westwärts ziehen, kündigt sich das Ende der Franzosenzeit an. Als das alte hannoversche Recht wieder um sich greift, bleibt die junge Bardowicker Windmühle gegen den erneut aufkeimenden Protest aus Lüneburg standhaft. J.F.Meyer  erhielt 1814 die Konzession und damit das Lebensrecht der Mühle. - In wechselhaften Jahrzehnten erlebte die Windmühle viele Besitzerhände und dann sind es 132 Jahre nach ihrem Bau wiederum  kriegerische Ereignisse, die ihr Dasein berühren.

 1994 / 95 - JUBILÄUMSZEIT IN BARDOWICK

Der Flecken Bardowick, einst eine mächtige mittelalterliche Handelsstadt, mit Münzrecht und Marktzoll ausgestattet und von den Mächtigen der Zeit als Stätte glanzvoller Reichstage auserkoren, feierte 1995 das 1200. Jahr seit der ersten urkundlichen Erwähnung in 795 durch Einhardt, den Chronisten Kaiser Karls des Großen. - Dieses Datum beflügelte Bardowicks Bürger Anfang 1994 zur Gründung eines Windmühlenvereins, um die vom Scheitern bedrohten Bemühungen zur Restaurierung der Bardowicker Windmühle wieder aufzunehmen und das historische Erscheinungsbild der alten Windmaschine rechtzeitig zum Jubiläumsjahr wiederherzustellen.

Das vom damaligen Mühlenbesitzer Manfred Meyer in den Jahren 1990/91 entwickelte Sanierungskonzept, das neben der Erneuerung der Windmühle mit Flügelkreuz, Windrose und Drehkappe dem Ziel diente, die Windgängigkeit zur Erzeugung elektrischen Stromes zu nutzen, wurde von der öffentlichen Hand und anderen gemeinnützigen Institutionen finanziell gefördert. - Die Arbeiten wurden am 4.Juli 1994 begonnnen und konnten nach nur 99 Arbeitstagen mit einer Einweihungsfeier am 18.November 1994 rechtzeitig zum Jubiläumsjahr Bardowicks abgeschlossen werden. Insgesamt waren sieben Gewerke aus Deutschland und Holland an der Restaurierung beteiligt. Im folgendem Jahr 1995 erhielt die Mühle eine  neue Galerie und seit April 1998 wird ein Steinmahlgang wieder über die Flügelwelle durch Wind angetrieben, ein zweiter windgetriebener Steinmahlgang für Backschrot wurde am 1. November 2003 eingeweiht. Ein durch Windkraft angetriebener 20 KW-Generator erzeugt die elektrische Energie für die übrigen Maschinen und speist überschüssigen Strom in das öffentliche Netz.

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